Tierra del Fuego

Drei Tage nehmen wir uns Zeit, um Ushuaia [wird übrigens Usuaia ohne sch gesprochen], die südlichste Stadt der Welt zu erreichen.
Drei recht entspannte Reisetage mit Freestyle-Planung und wenig Vorwissen von dem, was uns erwartet.
Und so wird unsere Route aussehen:

El Chaltén via Río Gallegos, Río Grande til Ushuaia,born4travel.de

Am ersten Tag verlassen wir El Chaltén kurz nach Zehn.
Das bisherige Wetterglück hat eben mal ausgesetzt. Wir sind ein wenig enttäuscht. Aber es ist nicht zu ändern. Den Blick in den Rückspiegel verkneifen wir uns lieber. Am entsprechenden Mirador vor dem Ort stehen zu bleiben, wäre ebenfalls reine Zeitverschwendung.
Der olle Fitz Roy will sich nicht zeigen. Dann eben nicht.

Auf dem Weg gen Süden tangieren wir wieder den Gletschersee Lago Viedma.
Die Wolken Richtung Süden sind schwarz und hängen tief. Der Algorithmus meines Smartphones lässt den Anblick auf die Bergkette in den Wolken dann irgendwie doch noch interessant aussehen.

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Guanacos haben sich hier um El Chaltén rar gemacht.
Und dann sehen wir doch noch eins. Kein Lebendes. Eins das es nicht über den Zaun geschafft hat. Das arme Tier hängt tot über dem Zaun.
Das gibt uns Fragen auf.
Kommen die etwa nicht über den Zaun? So hoch ist der doch gar nicht.
Nach langem Diskutieren - die Fahrt ist eh elende lang - suchen wir nach einer Erklärung.
Gut möglich, dass sie im Winter, bei hohem Schnee den Zaun nicht sehen und beim rüberlaufen hängen bleiben.

dead Guanaco,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Weiter südlich auf unserer Reise:
Ein letzter Blick vom Mirador auf den Lago Argentino.
Hier kommen wir definitiv nicht noch einmal vorbei.

Mirador Lago Viedma,Patagonia,Argentina,born4travel.de

... und dann folgt die letzte Überfahrt über den Río Santa Cruz, der die schöne gletschergrüne Farbe vom Lago Viedma und Argentino erhält. Die Farbe ist unglaublich. Ich behaupte mal, die Fotos geben sie nicht so wieder, wie sie in Natura aussehen.

Río Santa Cruz,Patagonia,Argentina,born4travel.de
Río Santa Cruz,Patagonia,Argentina,born4travel.de

So richtig voran kommen wir nicht.
Der heutige Tag ist eh ein Reisetag. Genau wie die zwei Folgenden.
Für die ersten 180 Kilometer haben wir zweieinhalb Stunden gebraucht. Mit Fotostopps.
Diese Strecke kennen wir schon. Die sind wir schon auf dem Weg nach El Chaltén gefahren.
Die Geschwindigkeit ist eh zweitrangig. Im nächsten Ort erwartet uns nichts. Nur ein hoffentlich gutes Bett.

Ab diesem Schild erwartet uns ein neuer, unbekannter Abschnitt. Und der Blick auf das Schild ist - momentan noch! - wenig aufmunternd.

Patagonia,Argentina,born4travel.de

Es folgt eine elend lange Fahrt bis Río Gallegos, der Hauptstadt der Provinz Santa Cruz.
Es ist die größte Stadt dieser Provinz.
Gegründet 1884 als Versorgungszentrum für die umliegenden Estancias, sowie der Steinkohleminen bei Río Turbio. Am Rande der Stadt gibt es einen Hafen. Während des Falkland-Krieges 1982 diente er als wichtigster Marinestützpunkt.
Bis zu dieser Zeit war Río Gallegos zudem Ausgangspunkt um den Nationalpark Los Glaciares zu erreichen. Es gab lediglich nur diesen 1964 eröffneten Flughafen [RGL], mit der längsten Landebahn des Landes. Mittlerweile spielt aber dieser für Touristen keine Rolle mehr. El Calafate hat nun einen eigenen Airport.

Halb Vier erreichen wir also Río Gallegos. Gaschegos - wie es der Patagonier nennt.
Das Besondere: nach knapp drei Monaten der Reise sind wir wieder am Atlantik. An der Ostküste des Kontinents, der hier mit etwa 400 Kilometer Breite recht dünn daher kommt.

Gallegos,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Im Hotel Patagonia ist nicht viel los. Genauer gesagt, wirkt es, als seien wir die einzigen Gäste.
Man spricht ein gutes Englisch. Hier am Ende der Welt. Hier, wo fraglich ist, warum man hier stehenbleiben soll. Es sei denn, man hat genügend Zeit, um die Landschaft trotz seiner Einöde sehen zu wollen.

Das Zimmer ist geräumig, sauber und sonnig. Sonne ist immer gut und macht alles viel schöner!
Der Ort selbst zieht uns beim Durchfahren nicht sonderlich in den Bann. Deshalb lassen wir den Tag sehr ruhig mit Augenpflege und Lesen ausklingen.

Gallegos - Hotel Patagonia,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Das Einzige, weshalb wir uns überhaupt noch spät abends auf den Weg machen, ist der Británico Coctail Club, ,der gleich um die Ecke liegt. Es ist - wie der Name schon sagt - sehr britisch eingerichtet. Der Kellner ist außergewöhnlich aufmerksam, charmant und unterhält uns mit seinem trockenen Humor. Die Signature Drinks sind großartig, das Steak ist glücklicherweise heimisch - wir sind in Argentinien 😉 - und die Qualität erreicht mein bisheriges Topniveau auf dieser Reise, in Barreal 😋

Gallegos-Club Británico,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Gefahrene Strecke: 453 Kilometer


Der zweite Tag ist in vielerlei Hinsicht recht offen in der Gestaltung.
Was fest steht, ist, dass wir heute das südamerikanische Festland verlassen und die Inselgruppe namens Tierra del Fuego also Feuerland erreichen werden.

Wir starten mit Frühstück und müssen feststellen, dass am Nebentisch auch zwei Deutsche sitzen. Gibt's doch nicht. Wir kommen kurz in's Gespräch - wie das immer so ist - und erfahren, dass sie aus Gera sind. Eigentlich mit einem Wohnmobil unterwegs, war ihnen nach Hotel zumute.

Hinter dem Ortsschild steht es Weiss auf Grün:
55 weitere, unaufregende Kilometer Fahrt stehen uns bis zur Grenze bevor.

Patagonia,Argentina,born4travel.de

Die Straße wird zunehmend schlechter. Das kennen wir doch schon von der Grenze Chile - Argentinien hinter Cerro Castillo. Erst kommt die "Zona de Baches" und dann das ultimative "Fin de Asfalto" 😐

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Den Streit um Feuerland zwischen Chile und Argentinien hat man 1881 mit einem Linealstrich gelöst. Und so haben beide etwas abbekommen, jedoch ist der argentinische Teil nur über Chile zu erreichen. Besuchern, die Ushuaia nur als Ausgangspunkt für Expeditionen zur Antarktis oder Südgeorgien nutzen und mit dem Flugzeug den Ort erreichen, ist dieser Fakt eher schnuppe. Uns, die Tierra del Fuego landläufig entdecken wollen, steht eine Art zweifacher Staffellauf bevor sowie eine dazwischen liegende Wasserstraße, die einigen wegen der extremen Strömung das Leben kostete und einem, der sich für seine Entdeckung dieses Shortcuts namentlich für immer verewigt hat: Fernão de Magalhães.

Dreiviertel Elf stehen wir vor der ersten Grenzstation.
Die physischen Grenzübergänge sind hier getrennt. Man könnte sie ja praktisch zusammenlegen, wie das zum Beispiel im Norden, am Paso de Jama, ist. Aber dem ist hier nicht so.

An der ersten Grenze des heutigen Tages, Argentinien - Chile, im Gebäude des Paso Integración Austral (Argentinien) angekommen, heisst es erst einmal sich zu orientieren.
Welche Papiere brauchen wir genau? Und muss ich eigentlich mit?
Ja ich muss mein Gesicht zeigen. Wir müssen sagen, was wir heute noch vorhaben. Aber das kennt man schon hier. Die Durchfahrt durch das kurze Stück auf chilenischem Boden ist das Alltägliche, was wahrscheinlich 99% aller Touristen hier absolvieren müssen. Demzufolge gibt es einen wunderbar ausgewiesenen Weg, an dem wir von Station zu Station gehen und auf einer Art Laufzettel Stempel sammeln.
Eine Dreiviertelstunde kostet uns diese Prozedur.

Paso Integración Austral ,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Fünf Minuten brauchen wir für die Fahrt bis zum Grenzgebäude auf der chilenischen Seite.
Vorbei an diesem Denkmal, ohne weitere Beschreibung, gefolgt vom Hinweis, dass hier die chilenische Einreise erfolgen wird.

Paso Integración Austral ,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Erfahrungsgemäß ist die Einreise nach Chile meist nicht so lax.
Hier nimmt man alles ziemlich ernst. Die Schlange ist wesentlich länger. Aber irgendwie gerät Rainer an ein Fenster, wo es dann ziemlich schnell geht. Stempel da und Stempel hier - und wir dürfen weiter. Zur Zollkontrolle. Die ist draussen. Im Auto vor uns ist ein Spezialhund am Schnüffeln. Oh Mann...
Mir fallen die Avocado und die Tomaten in der Essentasche ein. Die sind eigentlich Reiseproviant.
Also warten wir, was kommt. Aber es kommt nichts. Alle sind weg. Wir rollen langsam vorbei und als niemand rauskommt, um uns eventuell zurück zu pfeifen, fahren wir normal weiter.

Paso Integración Austral ,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Nun sind wir in Chile!
Aber auch hier ist nur unendlich viel Weideland.
Rainer nennt es "sinnloses Land". Das will ich nicht verstehen. Was ist hier sinnlos?
Für mich ist es herrlich unendliche Weite.

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Nach weiteren 55 Kilometern folgt der "aufregendste" Teil der Reise:
Wir überqueren das Estrecho de Magallanes, also die Magellanstraße.
Es ist die (Wasser)Grenze die des Festland Südamerikas vom großen Konglomerat an unterschiedlich großen Inseln namens Tierra del Fuego, also Feuerland trennt.

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Die Entdeckung dieser schiffbaren Passage ist dem Namensgeber, dem portugiesischen Seefahrer Fernão de Magalhães zu verdanken. Unter spanischer Flagge startete er am 10. August 1519 und steuerte die „Armada de las Molucas“ mit dem Ziel Molukken. Einer indonesischen Inselgruppe, von wo Gewürze aller Art nach Europa gebracht wurden.
Seit nämlich die bedeutendsten Seefahrer-Nationen, Spanien und Portugal, einen Weg um Afrika nach Indien und Indonesien herum entdeckten, gaben sie sich ein Wettrennen wegen der begehrten Rohstoffe im Überseegebiet. Mit dem Segen des damaligen Papstes Alexander VI. wurde der Vertrag von Tordesillas geschlossen: Spaniern erhielt den westlichen Teil der damals bekannten Welt, Portugal den östlichen Teil. Das bedeutete: Die Ost-Route war von den Portugiesen besetzt. Die Spanier mussten das Überseegebiet nur noch über den Westen erreichten.

Auf der Suche nach einem geeignetem Durchgang durch den Kontinent, um die damals sogenannte Mar de Sur zu erreichen, erreichte er am 21.Oktober 1520 das Cap Vírgin de María. Am 27. November erst erreichte er am Cap Deseado das Mar de Sur. Magallan selbst taufte dieses Meer Pazifik. Zu seiner Ehre wurde die Querpassage Estrecho de Magallanes genannt.

Diese Entdeckung war die Entdeckung eines Shortcuts für all die Handelsflotten, die somit den Kontinent am Kap Hoorn mit seinen gefährlichen Strömungen und schnell wechselnden Winden nicht mehr umfahren mussten, an der so viele Schiffe gescheitert sind.

Seit der Eröffnung des Panamakanals im Jahr 1914 hat die Magellanstraße an Bedeutung verloren.
Dennoch wird die etwa 560 Kilometer lange Wasserstraße immer noch von vielen Schiffen befahren.
Das zur Geschichte.

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Für uns ist weniger die Überquerung der Wasserstraße aufregend, als vielmehr die Frage, wie lange wir auf eine Überfahrt warten müssen? Hätten wir schon online Tickets kaufen müssen? Stehen viele vor uns an? Werden wir mit dem erstmöglichen Kahn rüberkommen?

Als wir am Ufer Bahía Azul ankommen, stehen nur einige Wenige an. Rainer kümmert sich um die Tickets und erfährt, dass wir natürlich mit der nächsten Fähre rüber kommen. First come - first serve. Und bezahlt wird erst auf der Fähre. Also alles bestens.
Für die Fährfahrt zahlen wir für das Auto und uns zwei Passagiere umgerechnet nur etwa 20€.
Bis dahin wäre eine Toilette nicht schlecht. Aber die Restauranttoilette darf man nur benutzen, wenn man etwas konsumiert. Ok. Rainer nimmt ein Bier und ich einen Kaffee. Als ich darauf warte, dass mir der Kaffee gegeben wird, schiebt mir der Typ auf der anderen Seite eine Dose löslichen Kaffees und eine Dose Zucker rüber. Das Wasser dazu soll ich mir aus der Kanne nehmen. Da bin ich mal sprachlos.
Ja. Auch ein Geschäftsmodel.

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Tschö Patagonien

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Der Estrecho de Magallanes ist auf dieser Tour nur 4.5 Kilometer breit.
Das Wetter könnte nicht besser sein. Meine Befürchtung vor einem "ungemütlichen" Wellengang wie auf der Fahrt Richtung Kangaroo Island, ist glücklicherweise ausgeblieben 😅

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Mit dieser Überfahrt erreichen wir den südlichsten Zipfel des südamerikanischen Kontinents.
Wegen andauernder Streitigkeiten zwischen Argentinien und Chile wurde im Jahr 1881 das Land mit Lineal auf der Landkarte geteilt. Die Hauptinsel heisst Isla Grande.
Provincia Tierra del Fuego ist der östliche Teil und gehört zu Argentinien. Die wichtigsten Ortschaften sind Río Grande und Ushuaia. Región de Magallanes y de la Antártica Chilena heisst die chilenische Seite mit den bedeutendsten Orten Puerto Williams, auf der Insel Navarino, und Porvenir. Cordillera Darwin heisst das südlichste Ende der längsten Gebirgskette der Erde, der Cordillera de los Andes und gehört ebenfalls zur chilenischen Región de Magallanes.

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Die Autoschlange der Willigen, die auf die andere Seite wollen, ist elende lang.
Aber das kann uns egal sein.

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Die weitere Fahrt plätschert unaufdringlich weiter vor sich hin.

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Warum nun dieses Land den Namen Feuerland trägt wird spätestens jetzt deutlich. Hier gab und gibt es Erdgas. Tatsächlich - das verrät mein Reiseführer - hat Magallan nachts beim Segeln am südlichen Ufer große Lagerfeuer gesehen. Die damals hier lebende Ureinwohner, die Selk'nam, zündeten das aus der Erde strömende Gas an, um ihre magischen Rituale durchzuführen. Magallan gab diesem Land deshalb den Namen "Land der Feuer" - Tierra del Fuego.

Heutzutage wird das Gas professionell gefördert. Und nicht wenig.
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Viertel nach Drei erreichen wir den Grenzübergang San Sebastián: Chile - Argentinien.
Das Prozedere ist immer das Gleiche: Wieder erhalten wir einen "Laufzettel" auf dem sich Zoll- und Passkontrolle vom jeweiligen Land verewigt hat. Natürlich stehen auch hier die Grenzgebäude mehrere Kilometer getrennt voneinander entfernt. Mit den Abläufen sind wir am Ende des Tages „familiar“. Und nicht nur das. Weil diese Tour nur von etwas mehr als einer Handvoll Reisenden gemacht wird, kennt man sich spätestens am vierten Checkpoint 😉.
Unsere Erfahrung: Aus Chile auszureisen und in Argentinien einzureisen ist schneller erledigt als umgekehrt. Die gesamt Prozedur kostet uns dreißig Minuten.

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Aufgrund der Tatsache, schneller als erwartet vorangekommen zu sein, skippen wir den Gedanken in Cerro Sombrero zu übernachten. Ohnehin hatte ich wegen der vielen unbekannten Komponenten, also Fährfahrt und zwei Grenzübertritten, keine Hotelreservierung vorgenommen.
Cerro Sombrero ist einer der wenigen Orte auf dem Weg gen Ushuaia. Alles was wir sehen ist ziemlich hässlich.
Als wir den Ort tangieren, fühlen wir uns noch fit und entscheiden bis Río Grande zu fahren. Der nächste Ort mit einigen Hotels. Unterwegs haben wir kein Netz. Also beginnt das Sondieren am Stadtrand. So richtig spricht mich gar nichts an. Dann entdecke ich das Status Hotel. Ein Casino-Hotel, das weder von seiner Außenerscheinung hierher passt noch von der Größe. Aber das kann uns egal sein.

Río Grande Status Hotel,Patagonia,Argentina,born4travel.de
Río Grande Status Hotel,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Rainer erkundigt sich nach einem Zimmer. Für umgerechnet 65€ mit Frühstück - da kann man nicht meckern.
Doch als wir uns das anschauen, fragen wir uns, ob dies das Beste für diese Rate ist? Es gibt ein Gegenüber, das etwa drei Meter entfernt ist.
Och nee...
Wir legen 5€ drauf und bekommen ein Traumzimmer mit weitreichendem Blick auf die Stadt und den Atlantik!

Río Grande Status Hotel,Patagonia,Argentina,born4travel.de
Río Grande Status Hotel,Patagonia,Argentina,born4travel.de

Was nun?
Die lange Tage hier, bedingt durch den späten Sonnenuntergang, sind wunderbar. Doch bemerken wir dabei auch nicht, wie spät es ist. Es fehlt die Orientierung. Lange Tage gibt es auch im sommerlichen Deutschland. Aber dann ist es auch warm draußen. Hier tragen wir wärmende Jacken und trotzdem ist es so lange hell. Passt nicht zu dem, das wir gewohnt sind. Und so ist es schon kurz vor Neun am Abend, als wir so etwas wie Hunger bekommen.

Das Hotelrestaurant erinnert mich stark an Las Vegas.
Sehr unpersönlich. Alles verspiegelt. Ist ja auch ein Casino-Hotel.
Kurze Recherche im Netz ergibt, dass einer der Favoriten sich gleich um die Ecke befindet: Die Confiteria Roca.
Gegründet während des Goldrausches (Ende des 19. Jahrhunderts), als auf der unwirtlichen Inselgruppe Menschen aus aller Herren Länder herbei strömten. Es war ein Treffpunkt neben dem Cine Roca, das schon früher hier stand.
Der Name "Confiteria" irritiert ein wenig. Etwas Süßes wollten wir eigentlich nicht. Das gibt es übrigens auch nicht. Es ist eine urige Kneipe. Hier verirren sich kaum Fremde. Man kennt sich und wir fallen auf. Das ist kein Problem. Der Kellner, der schon längst das Rentenalter überschritten hat, ist aufgeregter als wir. Und wir fühlen, wie ihm der Stein vom Herzen fällt, als wir ihn verstehen und zudem die Bestellung in Spanisch aufgeben. Der Hamburgesa hat eine Größe, die wir definitiv teilen lassen müssen, das Bier ist köstlich und wir genießen es unglaublich hier sein zu dürfen. So mittendrin!

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Was für ein irrer Tag!
Am Ende des Tages habe ich Probleme zu realisieren, in welchem Land wir nun wirklich sind. Denn beide nehmen sich schon wegen der gleichen Sprache nichts. Eigentlich ist alles beim Alten. Wir sind im gleichen Land, in dem wir gestartet sind, nämlich in Argentinien. Nur das wir zweimal eine Grenze passieren mussten.

Gefahrene Strecke: 382 Kilometer


Am dritten Fahrtag steht uns der kürzeste Abschnitt bevor. Nach dem Frühstück schauen wir uns noch etwas in Río Grande um. Aber zu erst versorgen wir uns mit Bargeld, denn wir rechnen damit, ein in touristischer Hand befindliches Ushuaia vorzufinden, wo Bargeldversorgung eine Herausforderung werden könnte.

Río Grande ist ein netter Ort. Wir fahren criss cross durch den Ort. In Seiten- und Hauptstraßen. Gestern war Sonntag und alles wirkte so verlassen und nicht einladend. Heute dagegen lebt die Stadt.

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Bevor wir die Stadt ganz verlassen, füllen wir den Tank auf und los gehts.
Es ist eine weitläufige Landschaft, die wir entlang des Atlantiks fahren. Hier und da bleiben wir stehen. Strände gibt es nicht. Das Wasser ist wenig einleidend, da es trüb ist. Hier jedenfalls befinden sich keine Orte, weswegen wir mehrere Tage verbleiben möchten.

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Wir verlassen die Küste. Die Einöde bleibt.
Die RN3 leitet uns ins Land. Richtung Tolhuin, am Lago Fagnano.
Schon vorher tangieren wir weitläufige Wälder. Also was von ihnen übrig blieb. Denn wir sehen nur Skelette. Ein zugegeben fotogenes aber eben trauriges Zeugnis der unermüdlichen Arbeit von Bibern. Vor Jahren sind sie aus Nordamerika eingeschleppt worden. Ganz ohne Feinde sind sie zur Gefahr der hiesigen Wälder geworden.

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Die Sonne weiss noch nicht, was sie will.
Tendenziell scheint das Wetter immer schlechter zu werden.
Den Ort Tolhuin tangieren wir. Es ist der größte Ort am mächtigen, 104 Kilometer langen Lago Fagnano, von dem sich über 90% auf argentinischer Seite befindet. Der wiederum fliesst im Río Turbio ab. Bei dessen Überquerung bleiben wir kurz stehen. Eine wunderbare Landschaft breitet sich vor uns aus. Am Horizont hinten zeichnet sich schon die Cordillera Darwin ab.
Ein Ort zum längeren Verweilen. Hier könnten wir unseren Kocher aufstellen und picknicken. Aber es ist windig und irgendwie unangenehm kalt. Wir fahren weiter.

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Lago Escondido: Die Bezeichnung ist wie so oft etwas irreführend. Es gibt eine Ortschaft, ein Dorf das diesen Namen trägt. Es gibt keine eindeutigen Zahlen im Netz. Aber es leben weniger als ein hundert Menschen hier. Dieser Ort befindet sich am östlichen Ende des Lago Fagnano.
Knapp 50 Kilometer weiter westlich befindet sich der malerische See Lago Escondido. Wir schauen uns 'ne Weile um. Die Landschaft ist traumhaft.
Gerade, als wir stehen bleiben, startet eine Kajaktour.
Hm. Wäre vielleicht etwas für uns. Ich mache ein Aufnahme des Autos, auf dessen Werbeaufkleber des Veranstalters all die erforderlichen Kontaktdaten zu lesen sind. Vielleicht erbarmt sich die Sonne in den nächsten Tagen...

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Die weitere Straße führt uns auf eine höhere Ebene. Die nächstbeste wilde Parktasche ist unsere. Wir holen unser Stühlchen hervor und kochen einen Tee. Und dann sitzen wir entspannt und genießen den Anblick.

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Vom Paso Garibaldi, der sich am Westufer des Lago Escondido befindet, gibt es einen Gesamtüberblick über den See.

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Was jetzt folgt, ist ganz nach unserem Geschmack.
Es wird bergig. Die Natur wächst im üppigen Grün.

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Llanos Del Castor nennt sich dieses Feuchtgebiet zwischen den beiden Bergketten, die wir passieren müssen, um nach Ushuaia zu kommen. "Llanos Del Castor" heisst wörtlich übersetzt die Ebenen der Bieber. Fünf Hektar Wald, Torfmoore umgeben von Bergen. Was so schön tief Braunrot aussieht, ist beim genauen Hinsehen eine zerstörte Landschaft. Zerstört durch Biber. Biber gelten auf allen Inseln der Tierra del Fuego als Plage. Aus ursprünglich 20 Tieren, die 1946 aus Nordamerika zur Fellproduktion eingeführt wurden (die übrigens alsbald wieder verworfen wurde), entstand aufgrund fehlender Feinde wie Bären und Wölfe, eine unbeherrschbare Population von mehr als hundert Tausend Exemplaren. Ihr Dasein, ihre Aktivität (Deichbau) mag niedlich klingen, sind aber Grund für Überschwemmungen und die damit verbundenen schweren Schäden am Baumbestand. Der Kampf gegen den Biber, der nicht hierher gehört, ist oberste Priorität aller Naturfreunde.

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Als wir das ersehnte Tor passieren, das Portal de Ushuaia, bin ich froh, endlich da zu sein. Die Fahrt bis hier her war nicht direkt anstrengend. Eher langwierig. Die landschaftlich uns beeindruckenden Abschnitte gab es wirklich erst am Ende der heutigen Fahrt.
Nun haben wir es geschafft!

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Glücklich nach drei Fahrtagen das Ziel erreicht zu haben, hat das, was nun kommt noch Potenzial zum Hutschnur zerreissen. Ushuaia empfängt uns nicht nur mit Traumwetterchen sondern auch mit einer Vollsperrung und anschließendem Stau. Gleich hinter dem Portal führt uns GoogleMaps zu einem Abzweig, der angeblich eine Sackgasse ist. Aber wir wären nicht in Südamerika, wenn es nicht eine inoffizielle Lösung gäbe. Darauf hoffend folgen wir den vor uns fahrenden Autos. Leider landen wir am Platz vor dem Busbahnhof. Aber die Verbindung in die Stadt ist auch hier gesperrt. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als den Weg über den Vollstau zu nehmen. Eine Dreiviertelstunde benötigen wir für die knapp acht Kilometer.

Unser Apartment habe ich bei AirBnB gemietet. Es befindet sich in einem sehr modernen Neubau.
Es ist Weihnachtszeit. Und der Wohnzimmerbereich ist dementsprechend dekoriert.
Ganz dezent. Absolut nicht aufdringlich. Wir sind happy!
Das Bett kann leider nur maximal 1.30 breit sein. Aber der unglaubliche Blick auf den Ort, den Canal Beagle und auf die chilenische Inselkette bei einem Wetter, das es wirklich gut mit uns meint, entschädigt für alles.

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Rainer bringt unser Gepäck hoch. Noch haben wir nichts ausgepackt, da merken wir, wie kalt es doch ist. Obwohl die Heizung auf 24°C gestellt ist. Ich kontaktiere die Vermieterin. Und sie teilt uns mit, dass die Heizung ausgefallen sei. Und wir könnten uns eine neue Unterkunft suchen. Sie verzichtet auf Storno-Gebühren.
Boa. Jetzt ein neues Hotel oder eine Wohnung suchen? Jetzt Kurz nach Vier? Ich kann das Angebot nicht wirklich gut finden! Tatsächlich finde ich eine andere Wohnung... Aber das wird eine neue Geschichte.

Gefahrene Strecke: 228 Kilometer


So geht es weiter

Drei Tage haben wir für Ushuaia reserviert.
Ganz ohne Plan. Mit der Hoffnung, dass sich irgend etwas ergeben wird.
Und wie immer, ergibt sich etwas. Ganz operativ. Was wir gar nicht auf dem Schirm hatten.