Mit dem Zug von Huế nach Ninh Bình

Heute erwartet uns die teuerste Übernachtung der gesamten Reise.
Nein, es gibt keinen extravaganten Pool – auch keinen saukalten 😂 – und keine private Toilette. Waschen und Zähneputzen fallen flach. Dennoch hat diese Übernachtung ihren Reiz, denn sie bringt uns von Zentral- nach Nordvietnam, nach Ninh Bình. Für die etwa 560 Kilometer brauchen wir ganze zwölf Stunden.

Dieses Unterfangen kostet mich persönlich Nerven. Ich bin definitiv nicht mehr entspannt genug dafür.
Zuerst bestellt Rainer den Grab viel zu spät, und der Fahrer tut sich schwer, das Pilgrimage Resort zu finden.
Dann dränge ich darauf, einen neuen Grab zu buchen, denn die Zeit drängt.
Doch auch mit dem nächsten Grab gibt es Probleme, so dass die Hotelmitarbeiterin, die eigentlich nur zum Abschied am Eingang winken wollte, plötzlich das Ganze übernimmt. Und welch Wunder: Der erste Grab meldet sich plötzlich wieder und findet uns doch. Ehe wir uns versehen, steht das Auto bereit.

So erreichen wir kurz vor knapp den Ga Huế.
„Ga“ ist ein Wort, das aus der französischen Kolonialzeit in Vietnam verwendet wird und für „gare“, also Bahnhof, steht.

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Eigentlich bin ich ja die Entspannte beim Reisen. Aber bei der Ankunft am Bahnhof sehe ich schwarz! Massenweise Reisende und keinerlei Beschriftung in Sicht. Das ist mir viel zu aufregend. Der erste Wartesaal ist rappelvoll, ob wir hier richtig sind, bleibt unklar.
Ich schicke meinen Rainer los. Und tatsächlich: Hier sind wir falsch, wir müssen in eine andere Wartehalle.
Dort sind etwa 99 % der Stühle besetzt. Ich ergattere einen Platz und versuche, geduldig zu bleiben.

Die Tür zum Bahnsteig ist geschlossen und wird von einer Angestellten streng bewacht.
An der Wand hängt ein riesiger Bildschirm, auf dem tonlos ein alter Mr. Bean-Komikfilm läuft.
Hm, zum Lachen ist mir da gar nicht.

Kurz nachdem die Ankunft des Zuges zweisprachig – also auch auf Englisch – angesagt wird, öffnet man die Tür.
Alles erinnert mich in diesem Moment an Zeiten, als ich als kleines Kind mit meinen Eltern per Zug an die Ostsee gefahren bin: Die Beleuchtung ist schummrig, die Menschen drängeln, keiner weiß, wohin er muss, und jeder flattert mit seiner ausgedruckten Reservierung in der Luft.
Man bucht nicht nur den Zug, sondern ein Abteil in einem Wagon einer bestimmten Firma, der bei der Einfahrt aber nicht gekennzeichnet ist. Auf JEDEM Wagon steht nämlich das Gleiche.
Eine Marktverkäuferin, die auf dem schon sehr engen Gleis Andenken, Chips und allerlei Snacks verkauft, deutet dann, dass der Lotus Train (unser Wagon) weiter vorn ist.
Na gut, das kann ja was werden.

Als der Zug einfährt, wirkt er um ein Vielfaches größer, weil wir auf einem etwa einen Meter breiten Bahnsteig stehen.
Hinter uns folgen gleich zwei Stufen nach unten. Sehr praktisch gemacht – anscheinend aus Zeiten, als man noch allein verreiste 😂

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Vor uns stehen sechs lautstarke Franzosen, die alles blockieren.
Ich – von Geburt an nicht wirklich groß – empfinde die Treppen wie einen Aufstieg.
Rainer hievt unser Gepäck rein und dann? Dann müssen wir sehen, ob wir wirklich richtig sind.
Wir haben ja Zeit. Nämlich zwölf lange Stunden 😉

Die Franzosen entpuppen sich als ziemlich unsympathisch. Sie sind laut und furchtbar schockiert über die Enge, denn sie haben sich offensichtlich die Vierer-Abteile größer vorgestellt. Ihr reichliches Gepäck macht Probleme.
Ein ständig wiederholtes „Merde“ hallt durch den vollen Gang. Keiner kommt weiter, das „Merde-Volk“ gerät aus der Fassung, bis ich sie genervt auffordere, den Gang frei zu machen. Unser Abteil liegt gleich dahinter.
Ich habe beim Buchen tiefer in die Tasche gegriffen und ein Zweierabteil reserviert. Wie die meisten übrigens.
Vietnam ist nämlich nicht nur billig.

Rainer ist von unserer Koje ganz begeistert. Kuschlig und gemütlich findet er sie.
Ich dagegen habe die Fotos beim Buchen vollkommen falsch verstanden, denn ich dachte, wir hätten eine kleine Toilette im Abteil. Außerdem kann man kein Fenster öffnen, und das mag ich gar nicht.
Die Belüftung an der Decke schafft es zumindest anfangs nicht wirklich.

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Alles für's Nachtmahl und Frühstück:

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Zuerst heißt's Koffer einschichten.
Die großen Koffer bekommt man in die Ablage über dem Eingang reingepresst.
Das Handgepäck verstauen wir unter dem Tisch.
Platzmäßig kommt man gut hin.

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Schockiert bin ich zudem, als wir losfahren.
Schaukeln im Zug ist normal, aber in dieser Dimension?
Außerdem quietschen die Räder, als würden sie nicht zu den Schienen passen.
Es gibt eine Runde kostenlose alkoholische Getränke – sozusagen im Preis inbegriffen.
Außerdem stehen auf dem Tisch allerlei Snacks, als Abend- und Morgensnack.

Der Servicemitarbeiter hat sein Nachtlager am Übergang zum nächsten Wagon aufgeschlagen und dabei das Fenster im Gang weit aufgerissen. Das ist meine Rettung, denn durch die undichte, klapprige Tür strömt etwas frische Luft von draußen herein.
Die ersten drei Stunden komme ich nicht zum Schlafen. Es ist einfach zu wackelig und zu laut.
Dann wird wohl unser Wagon umgekoppelt, zumindest hört es sich so an. Ob wir jetzt auf anderen Schienen fahren, weiß ich nicht, aber plötzlich scheinen die Räder besser zu den Schienen zu passen, und die Fahrt wird ruhiger.

Am frühen Morgen, gegen sieben, kommt ein Kaffee- und Tee-Service vorbei.
Wir mampfen das leider schon etwas schlaffe Croissant, während es draußen ungemütlich aussieht und nieselt. Ein Blick auf die Watch verrät: Es ist saukalt hier!

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Als wir in Ninh Bình ankommen, regnet es sogar.
Der Ausstieg ist hier wesentlich komfortabler, denn es gibt einen ebenerdigen Ausgang ohne diese schrecklich hohen Treppen.

Ein Grab muss her, doch der Mobilfunk-Empfang ist grottenschlecht. Außerdem werden wir ständig von Taxifahrern angesprochen, was ziemlich nervt. Der letzte ist recht anhänglich, checkt für uns den Grab-Preis und bietet denselben an.
Okay, nehmen wir. Nicht nur wegen dem Preis - ich will nur weg hier.

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Jetzt geht es in den Hang Múa Eco Garden.
Diese Unterkunft kennen wir schon vom letzten Jahr und wissen, was uns erwartet: Ein breites Bett zum Ausschlafen…


So geht es weiter

Ninh Bình liegt im Norden Vietnams und ist bekannt für seine atemberaubende Landschaft aus markanten Karststeinbergen, weitläufigen Reisfeldern und Flüssen. Die Region wird als „Halong-Bucht an Land“ bezeichnet.
Schon im Juni 2024 haben wir Ninh Bình besucht, und es hat uns sofort in seinen Bann gezogen.
Viele Attraktionen haben wir damals schon entdeckt, doch einiges blieb noch offen.
Diesen Besuch nutzen wir, um die noch fehlenden Eindrücke zu sammeln.
Leider macht uns diesmal das Wetter einen Strich durch die Rechnung, und alles verläuft ganz anders.